Hintergrund und Inhalt

Nach der EU-Umgebungslärmrichtlinie (Richtlinie 2002/49/EG) und dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ist die Stadt Mülheim dazu verpflichtet, für die Bereiche, in denen nach der Lärmkartierung Lärmprobleme bestehen, einen Lärmaktionsplan aufzustellen. Bei der Umsetzung der staatlichen Pflichtaufgabe, die vom Land Nordrhein-Westfalen auf die Kommunen übertragen wurde, besteht eine von der EU vorgegebene Bindung an Fristen. So sind gem. § 47 c und d BImSchG die Lärmkartierungen seit 2007 und die darauf aufbauenden Lärmaktionspläne seit 2008 alle 5 Jahre zu erstellen.

Der aktuelle Mülheimer Lärmaktionsplan 2. Runde wurde am 18. Dezember 2013 durch den Rat der Stadt beschlossen (V 13/0795-01). Im Rahmen dieses Lärmaktionsplans erfolgte eine Schwerpunktsetzung auf folgende Bausteine:

  • Einsatz lärmoptimierter Fahrbahnbeläge
  • Ersatz gepflasterter Gleisbereiche
  • Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h (2 Straßenbereiche)
  • Lärmmindernde Straßenraumgestaltung
  • Lärmschutzanforderungen an die Baulastträger (Bundesfernstraßen, Schienenwege)

Der Lärmaktionsplan 2022 ist als Fortschreibung / Ergänzung des LAP 2013 angelegt. Eine flächendeckende Neubetrachtung soll zur 4. Runde (Lärmkartierung in 2022) auf der Grundlage des - von der EU festgelegten - neuen Lärmberechnungsverfahren (CNOSSOS) durchgeführt werden.

Mit der Fortschreibung der Lärmkartierung und des Lärmaktionsplans werden die seit dem LAP 2013 eingetretenen Veränderungen des durch unterschiedliche Quellen (Straße, Schiene, Schiene sonstige, IED-Anlagen) verursachten Umgebungslärms analysiert. Wenn die angestrebten Lärmminderungsziele noch nicht erreicht wurden, ist eine Intensivierung von Maßnahmen zu prüfen.

Die dominante Lärmquelle im Mülheimer Stadtgebiet ist der Verkehr, in erster Linie der Straßenverkehr dementsprechend liegt hier auch der Schwerpunkt des Lärmaktionsplanes. Auf Basis der Ergebnisse der durch Fachgutachter erstellten Lärmkartierung wurden die am stärksten von Lärm betroffenen Bereiche ausgewiesen. Dabei wurde dem Wertepaar 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht als den in Nordrhein-Westfalen verbindlichen Auslösewerte für eine Lärmaktionsplanung besondere Bedeutung zugemessen. Unter Einbeziehung weiterer Kriterien, wie z. B. der Wohndichte, wurde eine Priorisierung der Belastungsbereiche vorgenommen.

In der Gesamtbewertung ist für den Straßenverkehrslärm herauszustellen, dass es einen sehr deutlichen Rückgang der hochbelasteten Einwohner in Mülheim gibt. Dies ist in erster Linie auf hochwirksame Maßnahmen wie den Einsatz offenporigen Asphaltes an der Autobahn A40 als auch auf die Entfernung gepflasterter Gleisbereiche zurückzuführen. Mit Sicherheit eine erfreuliche Entwicklung, aber der Weg zur leisen Stadt ist weit.

Für den Straßenverkehr wurden bereits im Lärmaktionsplan 2013 bezogen auf die II. Runde der Lärmkartierung prioritäre Lärmbrennpunkte bzw. Hot Spots abgegrenzt und die dortige Lärmsituation und Handlungsmöglichkeiten in Steckbriefen dokumentiert. In der aktuellen Fortschreibung des Lärmaktionsplans 2021 verbleiben im städtischen Verkehrsnetz sieben prioritäre Lärmbrennpunkte in denen Verbesserungsansätze dringend notwendig sind. Entlang der Autobahnen sind durch die geplanten Ausbauverfahren an A3, A40 und A52 mittel bis langfristig Verbesserungen zu erwarten.

Die Fortschreibung des Lärmaktionsplans 2021 der Stadt Mülheim an der Ruhr dokumentiert die bereits vorhandenen Strategien der Lärmvermeidung im Rahmen der Umwelt-, Stadt- und Verkehrsplanung sowie der städtischen Klimaschutzaktivitäten. Unter Fortführung der bereits ergriffenen Maßnahmen erfolgt im Rahmen der Fortschreibung weiterhin eine Schwerpunktsetzung auf den o. g. Bausteinen.

Die Thematik von Geschwindigkeitsbegrenzungen (30 km/h od. 40 km/h) im Straßenverkehr ist als Lösungsoption für die weiterhin bestehenden Lärmbrennpunkte im Hauptverkehrsnetz mangels kurz- und mittelfristig zu Verfügung stehender Alternativen intensiv auf allen Ebenen zu diskutieren. Die Verwaltung wird die verbliebenen Lärmbrennpunkte auf die Realisation von Geschwindigkeitsbegrenzungen hin untersuchen und hat hierzu einen entsprechenden Prüfauftrag formuliert. Prioritäre Lärmbrennpunkte sind die folgenden Straßenabschnitte:

  1. Aktienstraße von Bahnlinie bis Schmitzbauerstraße
  2. Dickswall von Althofstraße bis Oststraße
  3. Am Schloss Broich von Schloßberg bis Fossilienstraße
  4. Eppinghofer Str / Sandstr. von Aktienstraße bis Tourainer Ring
  5. Düsseldorfer Str. / Alte Str. von Nachbarsweg bis Düsseldorfer Str.
  6. Leineweberstraße von Friedrich-Ebert-Str. bis an die Ruhr
  7. Aktienstraße (Ost) von Klippe / Knappenweg bis zur A40

Eine langfristige Lösung der Gesamtproblematik ist aber nur über eine generelle Verkehrswende möglich. Dies ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Die Forcierung der Elektromobilität kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Im Rahmen der Stadtplanung geht es im Kern darum zukünftig Ansätze zur Schaffung verkehrsberuhigter Quartiere stärker als bisher zu forcieren und den Stadtraum nicht nur als Visuell sondern auch akustisch zu gestaltenden Raum zu begreifen. Gleiches gilt perspektivisch für die Intensivierung der Förderung des Fuß- und Radverkehrs.

Kritisch stellt sich neben dem Straßenverkehrslärm auch die Lärmbelastung durch die Hauptschienenstrecke der Eisenbahn dar. Hier wurden aktuell wie in der II-Stufe weiterhin vier Lärmbrennpunkte abgegrenzt. Die abgegrenzten Abschnitte des Schienenverkehrs sind aber bereits im Lärmsanierungskonzept des Bundes enthalten und werden voraussichtlich bis 2025 realisiert. Für die Strecke östlich des Hauptbahnhofes liegt hierzu bereits eine detaillierte Genehmigungsplanung der DB Netz AG vor. Hier wird es mittelfristig zu deutlichen Verbesserungen kommen. Dies gilt auch für Bereiche in Styrum für die allerdings eine Genehmigungsplanung noch aussteht.

Im Bereich der Ruhrbahn GmbH wurden mit der Erneuerung des Fuhrparks der Busse und Straßenbahnen sowie spezifischer Maßnahmen bei den Straßenbahnen Verbesserungen erzielt, welche soweit rechentechnisch abbildbar (Kurvenquietschen) erst in der nächsten Kartierungsrunde zum Tragen kommen.

Im Bereich des Fluglärms verursacht durch den Düsseldorf Airport DUS liegt das Mülheimer Stadtgebiet unterhalb der Kartierungsschwelle der Umgebungslärmrichtlinie. Über politische Signale hinaus bestehen hier kaum Handlungsmöglichkeiten für die Lärmaktionsplanung. Um eine weitere Verschlechterungen der Lärmsituation zu vermeiden ist die Stadt Mülheim hier gemeinsam mit anderen Anrainerstädten in einem Aktionsbündnis gegen die vom Düsseldorf Airport DUS angestrebte Kapazitätserweiterung aktiv.

Am Verkehrslandeplatz Essen-Mülheim hat es in den letzten Jahren mehrere Änderungen des Betriebes gegeben, welche zwar nicht durch die Ergebnisse der Lärmkartierung abbildbar sind, aber das Bemühen aufzeigen den Anwohnerinteressen stärker als in der Vergangenheit Rechnung zu tragen. Ansätze zur weiteren Verbesserung der Lärmsituation bietet perspektivisch insbesondere der Einsatz von E-Flugzeugen in der Pilotenausbildung und Maßnahmen zur besseren Einhaltung der Platzrunde. Die Flughafen Essen Mülheim GmbH wird diese Themen forcieren.

Ein zentrales Thema der Umgebungslärmrichtlinie ist es auch, Ruhige Gebiete zu schützen. Abgeleitet aus den Erholungsräumen des stadtökologischen Fachbeitrages (2008) schlägt der fortgeschriebene Lärmaktionsplan 2022 im Fazit vor 39 Erholungsräume als Ruhiges Gebiet auszuweisen. Damit werden Ruhige Gebiete für die Stadtplanung zu einem abwägenden Belang auf den im Rahmen möglicher Entwicklungen oder Inanspruchnahme des städtischen Freiraumsystems in der Stadtplanung Rücksicht genommen werden muss.